Hermann Cornel, Sammler aus Leidenschaft (11.12.1938 - 13.02.2010)
Sechs Fahrzeuge aus dem Simson-Automobilbau von 1911 bis 1934 sind der Nachwelt er-
halten geblieben. Fünf davon stehen in Suhl. Die Stadt am Südhang des Thüringer Waldes
und ihr “Fahrzeugmuseum” können sich über diesen technischen Fundus glücklich schätzen,
der von Suhler Eigentümern uneigennützig der Öffentlichkeit zugängig gemacht worden ist.
Es sind wahre Kostbarkeiten und auf der Welt einmalige Raritäten.
Wie aber kam es dazu, dass eine Vielzahl der technischen Zeugnisse aus dem SIMSON-Auto-
mobilbau wieder in Suhl konzentriert werden konnte ? Daran haben drei Oldtimerfreunde
einen großen Anteil. Es sind Hermann Cornel aus Frankfurt/Main, Gerhard Heß aus Suhl
und Uwe Thorwald aus Suhl.
Hermann Cornel soll aus dieser Dreiergruppe eine besondere Würdigung erfahren. Ohne
ihn wäre es heute nicht möglich, dass ein “SIMSON-SUPRA So 8/40”, ein Rennwagenmodell
“SIMSON-SUPRA S 8/50” und ein 8-Zylinder “SIMSON-SUPRA Typ A” dem technisch inte-
ressierten Publikum vorgeführt werden könnte. Hermann Cornel ahnte schon 1981 mit dem
Erwerb seines Suhler Fahrzeuges, dem “SIMSON-SUPRA So 8/40”, dass er eine ausge-
sprochene fahrzeugtechnische Rarität in die Restaurierung nahm. Wie sonst sind seine lang-
jährigen Aktivitäten zu verstehen, um an historische Materialien, Ersatzteile, Zeitungs-
berichte und technische Unterlagen zu kommen, damit das Suhler Automobil originalgetreu
von ihm aufgebaut und ausgestattet werden konnte.
Es war ein langer Weg , der u.a. auch in den 1980er Jahren zu Kontakten in die Simson-
Oldtimerszene nach Suhl und Dresden führte, wo er Unterstützung trotz Grenz- und Kontroll-
problemen zwischen den beiden deutschen Staaten erhielt. Hermann Cornel , ist es zu ver-
danken, dass im Aussehen fast gleiche Vierzylindertypen in Suhl und in Dresden beheimatet
sind. Der seit 1961 im “Verkehrsmuseum Dresden” ausgestellte “SIMSON-SUPRA So” lieferte
nämlich u.a. die Farbvorlage für Cornel`s Restaurierungsergebnis am “SUPRA 8/40”.
Dann kam eine unerwartete zweite Gelegenheit für den Liebhaber Suhler Automobile. Bei
einer Bereinigung des Museumsbestandes im Auto- und Motorradmuseum Bad Oeynhausen
endeckte er ein Ausstellungsstück, dass sich beim näheren Hinsehen als ein Suhler Produkt
entpuppte. Gerade mal die Kühlerpartie war noch als “SUPRA- typisch” zu erkennen, denn
alles andere hatte man im Stil der 1930er Jahre schlecht und recht umgebaut.
Wieder erfasste den Frankfurter der Ergeiz, der in einem Rückbau des Suhler Automobils
gipfelte, ließ doch der kurze Radstand auf einen Renn- bzw. Sportwagentyp der “SIMSON-
SUPRA” Modellreihe schließen. Um einen solchen Typ in seine Ursprünglichkeit zu ver-
setzen, musste eine völlig neue Karosserie getrieben werden. Hermann Cornel ging dieses
Problem an! Nach alten Fotos fertigte eine Spezialfirma die originale Rennkarosserie, mit
der nunmehr ein Sportfahrzeug der Suhler Produktionsperiode von 1924 bis 1927 zum
zweiten Male das Licht der Welt erblickte. Zahlreiche Fotos zeigen den rastlosen Bastler in
seinem Werstattbereich, wo er viel Freizeit für die Instandsetzungsarbeiten einsetzte. Dieser
Rennwagen sollte Hermann Cornel`s Lieblingsoldie werden, mit dem er zahlreiche
historische Veteranenveranstaltungen im In- und Ausland besuchte und Ehrenpreise einfuhr,
z.B. 1994 zur berühmten “Mille Miglia”.
Seine Ehefrau erinnert sich, dass sie mit dem scherzhaft gemeinten Kosenamen “Ölsardine”
treffend die silberglänzende, schmale Rennkarosserie des wiederentstandenen Suhler Auto-
mobils charakterisierte.
Und es ergab sich eine dritte Gelegenheit für den inzwischen SIMSON erfahrenen Fachmann
und Liebhaber Suhler Automobile. Der bekannte Schauspieler Manfred Krug veräußerte
1979 einen 8-Zylinder “SIMSON-SUPRA, Typ A”. Hermann Cornel kaufte dieses besondere
Einzelstück! Die damalige Entscheidung darf man als ein Glücksfall bewerten, gesellte sich
doch das repräsentative 8-Zylinder SUPRA-Modell in die schon vorhandene SIMSON-
Sammlung von Hermann Cornel ein und kam nicht in einen “fremden Stall”! Auch diese
Restaurierung zeichnete sich als langwierig und kostspielig ab. Hermann Cornel konnte sie
nicht mehr bis zu Ende führen. Er verstarb am 13. Februar 2010.
In seinem Nachlass hatte er u.a. den Wunsch geäußert, dass die Suhler Modelle in den
Heimatort ihrer Herstellung zurückkehren sollten. Hier wusste er seine Sammlung gut
aufgehoben, denn enge, persönliche Beziehungen bestanden inzwischen nach 1990 zu
hiesigen Oldtimerfreunden die seine Restaurierungsvorhaben aktiv unterstützten. Sein
Vermächtnis wurde erfüllt!
Es war der Suhler Gerhard Heß, dem es zu verdanken ist, dass heute eine Renaissance der
SIMSON-Modelle aus der Sammlung von Hermann Cornel in der Stadt ihrer Herstellung
erlebt werden kann. Staunende Museumsbesucher des “Fahrzeugmuseums Suhl” erfahren oft
erst zum Zeitpunkt ihres Rundganges, dass in der südthüringischen Industriestadt auch
leistungsstarke, moderne “Vierräder” gebaut wurden.
Der Suhler Oldtimerliebhaber konnte zusätzlich noch einen Scheunenfund restaurieren, der
als 6-Zylinder” SIMSON-SUPRA, Typ R” in seinem ursprünglichen Zustand zurück versetzt
wurde. Dieses in matt Weiß gespritzte Fahrzeug gesellt sich nunmehr zu dem 6-Zylinder
“SIMSON-SUPRA” des Suhler Sammlers Uwe Thorwald, dessen Modell mit einer
Spezialkarosserie von 1928 ausgestattet ist. Das originale Automobil mit seiner Patina ist
ebenfalls ein viel bestauntes Exponat des “Fahrzeugmuseums Suhl”. So kehrten von jeder
Motorengeneration der SUPRA- Ära ( 4-, 6-, und 8-Zylinder) die Zeugnisse des Suhler
Automobilbaus in ihre Heimatstadt zurück und Einheimische, wie Museumsbesucher
erfreuen sich an diesen technischen Einzelstücken, besonders auch dann, wenn sie zu
Oldtimertreffen erfolgreich an den Start gehen.